Zufriedene Kunden im Online-Business: Darauf kommt es heute wirklich an

Das Online-Geschäft hatte 2022 einen Anteil von imposanten 15,7 Prozent am gesamten Einzelhandelsumsatz. Ein Jahr zuvor waren es, Corona-bedingt, sogar 17,4 Prozent. Außerdem kaufen mittlerweile über 85 Prozent aller Deutschen mehr als einmal monatlich im Internet – das alles bedrängt den stationären Handel definitiv. Für jeden Händler und Vertriebsprofi bedeutet das: Jede Menge Umsätze, eine gigantische Zielgruppe, viele Konkurrenten, hohe Erfahrung und Erwartungshaltungen und dadurch ein regelrechter Zwang zu Exzellenz.

Doch was braucht es heute wirklich, um Verbraucher von sich zu begeistern, sie möglichst zu Stammkunden zu machen und keinesfalls zu einem der zahlreichen Konkurrenten zu vertreiben? So viel sei bereits verraten, es sind sowohl Dinge, die Händler tun als auch unterlassen sollten.

Absolut beschädigungsfreie Lieferung

2020 wurde im B2C-Segment erstmalig die magische Schwelle von zwei Milliarden Sendungen überschritten – deutlich überschritten, denn genauer waren es 2,26 Milliarden Sendungen. Rein rechnerisch waren in diesem Jahr also an jedem einzelnen Tag 6,19 Millionen Warensendungen sämtlicher Kategorien auf dem Versandweg, und das nur in Deutschland.

Man muss nicht einmal den Personalmangel ansprechen, der ebenso die Versanddienstleister betrifft, um eines zu erkennen: Bei einer solchen Masse bestimmt enorme Eile alles. Ein einzelnes Päckchen oder Paket kann deshalb schlichtweg nicht mit „Samthandschuhen“ angefasst werden. In der Realität wird es vielmehr eher ruppig behandelt – notgedrungen, weil alle Beteiligten ein extremes Tempo vorlegen müssen.

Angesichts dessen wäre es für einen Händler vermessen anzunehmen, der Dienstleister würde schon für ein beschädigungsfreies Prozessieren sorgen. Es genügt, wenn beim schnellen Beladen des Lieferfahrzeugs ein Handgriff nicht optimal sitzt, damit ein Paket auf dem Boden landet – und der Inhalt zerbricht.

Es obliegt deshalb jedem Händler, diese Gefahren einzukalkulieren und durch eine entsprechende Versandverpackung zu minimieren – das gilt selbst für augenscheinlich unzerbrechliche Produkte, etwa Kleidung. Das derzeit gleichzeitig günstigste und tauglichste Material dafür ist nach wie vor Wellpappe in ihren verschiedenen Ausprägungen:

  • Sie kann sowohl für die Verpackung selbst als auch innere Trennungen/Polsterungen genutzt werden.
  • Sie ist recht steif, wodurch Verformungen, die den Inhalt bedrohen, deutlich mehr Krafteinwirkung bedingen. Aus demselben Grund ist es für Wellpappe-Kartons kein Problem, mit anderen Versandgütern gestapelt zu werden – ebenfalls Versanddienstleister-Realität.
  • Durch die Konstruktion kann die Wellpappe federnd Kräfte aufnehmen und dadurch den Inhalt auf einer weiteren Ebene schützen.

Weniger sollte es in keinem Fall sein. Zwar entbindet die Nutzung der Wellpappe keineswegs davon, die Waren korrekt und allseitig gepolstert darin zu verpacken. Aber es ist die beste Basis, damit nur Unbeschädigtes beim Kunden ankommt.

Erschöpfende, transparente Produktinformationen

Von den genannten 6,19 Millionen Warensendungen waren ein erheblicher Teil Retouren. Zwar kaufen manche Kunden online Produkte mit voller Absicht, diese nur aus- oder anzuprobieren. Häufig genug gehen jedoch Waren deshalb wieder zurück, weil die Informationen, die der Verkäufer zur Verfügung stellte, einfach mangelhaft waren. Die hierbei typischsten Fehler:

  • Es werden lediglich die (häufig sehr werblichen) Informationen der Hersteller übernommen. Mitunter nicht einmal in ein korrektes Deutsch übersetzt.
  • Aus demselben Grund gibt es bei gleichklassigen Produkten unterschiedlicher Hersteller auf einem Shop keine einheitlichen Informationen.
  • Die zur Verfügung gestellten Medien (Fotos und Videos) sind nicht ausreichend. Etwa, weil sie nicht alle verfügbaren Varianten zeigen oder zu stark „optimiert“ wurden. Häufig werden freigestellte Produktfotos zudem mehr schlecht als recht in einen realistischen Hintergrund eingefügt. Etwa, um die Nutzung in der Praxis zu zeigen.
  • Es werden unpräzise Angaben gemacht. Besonders häufig kommt das im Bereich Mode mit den Größen vor. Hier sind sowohl Zahlenangaben als auch das S-M-L-Schema äußerst unterschiedlich und unpräzise. Allerdings sind die meisten anderen Produktkategorien ebenso betroffen.

Erneut liegt die Bringschuld hier gänzlich beim Verkäufer: Nachmessen, selbst fotografieren oder fotografieren lassen, einheitliche Informationsstrukturen aufbauen und jedes einzelne Produkt mit eigenen Worten realistisch beschreiben. Nur so lassen sich verärgerte Kunden und kostspielige Retouren vermeiden.

Transparente, niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten

Selbst Verkäufer, die sehr gute Produktinformationen liefern und weitere Fragen in einem nicht minder exzellenten FAQ-Bereich abfangen, werden niemals gänzlich verhindern können, dass Kunden dennoch offene Fragen haben.

Zugegeben, durch die stark gesteigerte Leistungsfähigkeit von künstlicher Intelligenz lässt sich diesbezüglich heutzutage sehr viel mehr mit Chat-Bots machen als noch vor einigen Jahren. Allerdings sind wirklich gute Bots nicht eben preiswert. Zudem wollen manche Kunden schlichtweg nicht derart kommunizieren. Diesbezüglich sollte es durchaus zu denken geben, dass beispielsweise von den DAX-40-Unternehmen aktuell lediglich fünf auf die KI-Bots setzen.

Verkäufer werden deshalb nicht umhinkommen, ihren Kunden eine „Mensch-Mensch-Schnittstelle“ zu offerieren. Nach wie vor ist eine Telefonnummer mitsamt E-Mail-Adresse der universellste Weg hierfür. Beides muss selbst im 24/7 verfügbaren E-Commerce nicht ebenso durchgehend besetzt sein. Hierfür genügen die üblichen Geschäftszeiten. Allerdings:

  1. Wer diesen Kontaktweg nutzt, muss während der Öffnungszeiten jederzeit (Telefon) oder zumindest bis zum Ende des Tages (E-Mail) darüber kontaktierbar sein bzw. antworten.
  2. Was auf diesem Wege kommuniziert wird, muss Hand und Fuß haben. Keinesfalls sollten hierüber Allgemeinantworten gegeben werden, die sich nur aus den im Shop vorzufindenden Informationen ergeben.

Das bedeutet, wer diese Kommunikationskanäle bedient, muss in der Lage (Stichwort andere Aufgaben im Unternehmen) sein, selbst komplexeste Fragen, schnell, korrekt und erschöpfend zu beantworten. Telefon und E-Mail sind diesbezüglich nicht weniger als die letzte „Verteidigungslinie“. Ein Kunde, der hier nicht alle Fragen beantwortet bekommt, wird wahrscheinlich abspringen.

Realistische Produktverfügbarkeit

Insbesondere Neukunden finden häufig den Weg in einen Shop über einen dritten Internet-Dienstleister. Sei es eine Suchmaschine, ein Vergleichsportal oder ein anderer Dienst. Häufig wird entweder die Produktgruppe oder gleich das exakte Produkt gesucht. Gelangen solche Menschen anschließend auf die Shop-Seite eines einzelnen Verkäufers, dann gibt es dort nur eine Option: Wenn der Kunde in spe durch Dritte und nicht zuletzt die SEO/SEA-Bestrebungen des Verkäufers den Eindruck hat, ein bestimmtes Produkt wäre bei diesem verfügbar, dann muss es auch verfügbar sein.

Es gibt aus Kundensicht nur wenig, was frustrierender ist, als einen Shop anzusteuern, nur um bei der Produktverfügbarkeit Informationen wie „Warenbestand = 0“, „Wird nachbestellt“ oder „Ausverkauft“ lesen zu müssen.

Hierhinter stehen für Verkäufer gleich zwei Aufgabengebiete:

  1. Der Einkauf muss ständig eine Verfügbarkeit sicherstellen. Wenigstens bei Produkten, die gut laufen, darf es niemals aus Nachlässigkeit zu Nichtverfügbarkeit kommen.
  2. Das Marketing muss bei Suchmaschinen, Vergleichsportalen usw. eine ständige Aktualität sicherstellen. Was nicht im Shop verfügbar ist, darf dort nicht angezeigt werden. Der Glaube, Kunden würden dann, weil sie ja sowieso schon auf der Shop-Seite sind, eben ein anderes Produkt erwerben, ist dafür zu häufig ein Irrglaube – speziell bei Menschen, die nach einem konkreten Produkt suchen.

Kundenfreundlich getaktete Informationen

Wer einmal bei einem Händler gekauft hat, der könnte es mit guter Wahrscheinlichkeit ein weiteres Mal tun – selbst dann, wenn er mit dem Erstkontakt vielleicht nicht ganz zufrieden war. Frei nach diesem Motto nutzen die allermeisten Verkäufer im Internet die beim Kauf zur Verfügung gestellten Kundeninformationen, um ihnen in gewissen Abständen weitere Informationen zukommen zu lassen – vorzugsweise in Form von E-Mails.

Prinzipiell gibt es an diesem Grundgedanken absolut nichts auszusetzen. Ein kleiner „Reminder“ kann definitiv Kaufbegehrlichkeiten wecken und dadurch die Umsätze pro Kunde steigern. Die Schwierigkeit derartiger Mails und ähnlicher Informationen besteht jedoch in ihrer Eigenschaft, ein sehr schmaler Grat zu sein, der ebenso das Gegenteil bewirken kann; also Kunden nervt und abschreckt:

  1. Ganz oben steht hierbei die Häufigkeit der Versendung. Manche Verkäufer übertreiben es maßlos und versenden mitunter sogar in Taktungen kürzer als eine Woche.
  2. Es folgen Tage und vor allem Uhrzeiten. Keine Händler-Information sollte einen Kunden nachts wecken. Sie tut es jedoch häufig, weil sie bei sehr vielen Menschen auf einem dauerhaft ein- und laut-geschalteten Smartphone empfangen wird.
  3. Ebenfalls maßgeblich ist der Informationswert. Viele Nachrichten haben keinen anderen Inhalt, außer erkennbar vom Verkäufer zu stammen und diesen irgendwie zu thematisieren. Dabei gilt eigentlich der Grundsatz „Information muss zwingend informieren“.

Jeder Händler hat es selbst in der Hand, ob er solche Informationen zielgerichtet gestaltet oder daraus etwas macht, das von den meisten seiner Kunden einfach ignoriert wird – oder sie sogar in einem Maß stört, das ausreicht, um sie zu vergraulen.

Fazit

Vieles von dem, was Verkäufer im E-Commerce möchten und praktizieren, verläuft konträr dazu, was Kunden wirklich möchten und sie glücklich macht. Gerade heute, wo es in keiner Produktkategorie noch wirkliche Monopole ohne Konkurrenten gibt, kann die Vorgabe daher nur lauten, eine Regel zu befolgen, die wesentlich älter ist als jeder Gedanke an vernetzte Computer: Der Kunde ist König – The Customer is always right.

Alles, was getan wird, darf nur dem Ziel dienen, den Kunden glücklich zu machen. Sämtliche nicht damit deckungsgleichen Eigeninteressen des Verkäufers sind deshalb zu unterlassen. Dafür winkt allerdings ein sehr großes Ziel: Kunden, die von sich aus immer wieder zurückkehren und vielleicht sogar Dritte dazu animieren, es ihnen gleichzutun.

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